Ansichten
zu Politik und Recht

Eugen David

Steuerprivilegien für Konzerne –
keine nachhaltige Standortstrategie

US-Konzerne hatten viele Hunderte Milliarden US$ liquide Anlagen in den Banken europäischer Steueroasen geparkt, vor allem in den Niederlanden, der Schweiz, Irland und Luxemburg.

Kürzlich haben die Amerikaner ihr Gesetz geändert: Gelder, welche die Konzerne aus den europäischen Steueroasen in die USA zurückführen, werden einmal mit 15 % besteuert. Vorher lag der Satz bei 35%.

Jetzt ziehen die US-Konzerne ihre in europäischen Steueroasen geparkten Milliarden ab. Im ersten Quartal 2018 sind 300 Milliarden US$ abgeflossen. So meldet es jedenfalls das US Departement of Commerce. Auswirkungen auf die Realwirtschaft gibt es kaum, da die abgezogenen Gelder nicht für Real-Investitionen in Europa verwendet worden waren.

Mit der Steuervorlage 17 will der Bundesrat vor allem US-Konzerne veranlassen, ihre Liquidität weiterhin in der Schweiz zu lagern. Bisher hatten die Konzerne diese Mittel zu einem schönen Teil in den steuerbefreiten schweizerischen Statusgesellschaften (Domizilgesellschaften, Gemischte Gesellschaften, Holdinggesellschaften etc.). deponiert. Statusgesellschaften sind in der Regel Briefkastenfirmen, ohne Personal und Infrastruktur, aber mit eigenen Bankkonten.

Die Steuerprivilegien der Statusgesellschaften sind seit vielen Jahren international verpönt. Insbesondere jene europäischen Länder, in welchen die Wertschöpfung der Konzerne in der Realwirtschaft durch Arbeit und Investitionen tatsächlich erfolgt, akzeptieren den steuerfreien Gewinnabfluss in die Oasen nicht mehr.

Der Bundesrat hat diesem Druck nachgeben müssen und der EU im Herbst 2014 zugesagt, die steuerprivilegierten Statusgesellschaften abzuschaffen.

Als Ersatz sollen indessen neue Steuerprivilegien geschaffen werden. Der Bundesrat will so den Milliardenstrom weltweiter Lizenzeinnahmen weiterhin in die Depots der Konzerne bei den Schweizer Banken lenken. Eigentlich alter Wein in neuen Schläuchen.

Zu diesem Zweck will er die Lizenzeinnahmen der Konzerne zu 90% von der Gewinnsteuer ausnehmen, wenn sie in der Schweiz geparkt werden. Die Ansicht des Bundesrates, dass die geschädigten Länder diese Konzern-Privilegien eher akzeptieren als jene der Statusgesellschaften dürfte sich als Irrtum herausstellen.

Schliesslich kommt es diesen Ländern auf das Ergebnis an, nicht auf die gewählte Form der Gewinnverschiebung und Deponierung in Steueroasen.

Das Bestreben alte Steuerprivilegien durch neue zu ersetzen und den Geldfluss weiterhin in die Schweiz zu lenken, wird auch durch die Änderung des US-Steuergesetzes beträchtlich in Mitleidenschaft gezogen werden.

Der Globalisierung wird viel Negatives nachgesagt. Die Intoleranz der globalisierten Welt gegenüber Konzern-Gewinnverschiebungen in Steueroasen ist ein positiver Aspekt.

Die Konzerne müssen sich internationalen Standards beugen: die Steuern sollen dort bezahlt werden, wo die Wertschöpfung durch reale Arbeit und reale Investitionen erfolgt. Dort fallen auch die öffentlichen Kosten an, sei es in der Infrastruktur, der Bildung oder der Umwelt.

Die Strategie des Bundesrates weiterhin auf Gewinnverschiebungen der Konzerne zu setzen, ist auf Dauer in der global vernetzten Wirtschaft nicht nachhaltig. Die geänderte US-Gesetzgebung ist – nach den Interventionen der EU und der G20 - ein weiterer Fingerzeig. Massnahmen der OECD sind in Vorbereitung und werden folgen.

Dennoch wird der Bundesrat dem Schweizer Volk die Steuervorlage 17 mit den Steuerprivilegien für internationale Konzerne unterbreiten. Neuerdings verknüpft mit einer AHV-Finanzierungsvorlage, in der Meinung, dass der Stimmbürger in der Regel Ja sagt, wenn er AHV auf dem Stimmzettel liest.

Eigentlich sollte die Politik darauf verzichten, die Leute für dumm zu verkaufen.

Die Konzern-Steuerprivilegien werden denselben Weg gehen wie das grenzüberschreitende Bankgeheimnis. Der Bundesrat wird sie – nach steigendem internationalem Druck - plötzlich sang- und klanglos schicklich beerdigen.

Im Vorfeld sollte man die Stimmbürger nicht noch mit Versprechungen auf einen riesigen Geldsegen für die AHV an die Urne bemühen.

31.07.2018

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