Ansichten
zu Politik und Recht
Eugen David
Putinversteher haben grosses Verständnis für die russische Annexion der Krim und die russische Militärintervention in der Ukraine.
Endlich sehen sie einen Diktator mit dem Mut, in Europa bestehende Grenzen zu überschreiten, um die natürliche Hierarchie der Völker auf diesem Kontinent wieder herzustellen.
Russen sind mehr wert als Ukrainer. Die Ukraine hat keine eigene Existenzberechtigung, sie gehörte seit jeher dem Kremlherrscher.
Schliesslich geht es den Russen mit dem Diktator Putin um ihre natürliche gottgewollte nationale Vormacht auf dem eurasischen Kontinent. Das hat im Denken der Putinversteher Vorrang.
Solche Heilsbringer wünscht sich das Volk auch hierzulande, tönt es aus dem Internet.
Das Bedürfnis nach einem starken nationalistischen Führer, der alle vertreibt, die nicht dazu gehören, wächst.
Gewalt, Hetze und Hass sind als Mittel der Politik nicht mehr verpönt, sondern alltäglich. Leute mit solchen Botschaften erhalten viel Medienpräsenz und tun es darum immer wieder.
Social Media transportieren das Gift in alle Haushalte. Traditionelle Medien schweigen oder schliessen sich an, um ökonomisch nicht den neuen Mainstream zu verpassen.
Putinversteher verachten die Ukrainer, ein Volk, das sich den russischen Herrschaftsansprüchen widersetzen will. Sie haben kein Verständnis für die Balten und Polen, die von den Europäern einen Schutzschild gegen die russische Expansion verlangen.
Besonders bizarr: Putinversteher beschimpfen die Ukrainer - zusammen mit der russischen Propaganda - als „Faschisten“ und als "Nazi".
Putinversteher in den europäischen Ländern gehören meist zur rechtsnationalen Szene, wie Le Pen in Frankreich, Farage in Grossbritannien, Orban in Ungarn, Salvini in Italien, die FPÖ in Österreich und die AfD in Deutschland.
Alle haben ihre Gefolgsleute. In der Schweiz sind es Regierungsmitglieder und Parlamentarier der rechtsnationalen SVP und ihre Mitläufer.
Das rechtsnationale Spitzenpersonal in europäischen Ländern wirft sich selbst in Führerpose und betreibt Personenkult – eben wie der Diktator Putin.
Der ehemalige deutsche SPD-Bundeskanzler und Putinfreund Schröder ist ein peinlicher Irrläufer für Deutschland und Europa.
Putin und seine Versteher haben dasselbe Feindbild: die Europäische Union. Beide wünschen sich den aggressiven Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts mit seinen autoritären Führerfiguren zurück.
Was nur geht, wenn die Europäische Union zerschlagen wird. Mit dem Ziel, den Nationalismus zu überwinden, wurde die Europäische Union nach dem 2. Weltkrieg gegründet.
Gemeinsames europäisches Recht und gemeinsame demokratische Institutionen sollen - anstelle von Kriegen - Interessenkonflikte auf dem europäischen Kontinent lösen.
Die schweizer Regierung der fünfziger Jahre lehnte ein Mitwirken der Schweiz in der europäischen Union ab. Sie blieb in ihrem Denken der Staatenwelt des 19. Jahrhunderts mit absoluter Souveränität des Nationalstaates und dem Glauben an legitime Kriege aus nationalen Interessen verhaftet.
Die heutigen Gegner der EU aus dem rechtsnationalen Lager wollen ebenfalls zurück zum Nationalismus des 19./20. Jahrhunderts.
Selbstverständlich darf es wieder Kriege auf dem Kontinent geben, wenn das nationale Volksinteresse es erfordert.
Diktator Putin macht es vor: er holt die Russen in seiner Nachbarschaft samt Land mit Panzer und Raketen heim ins russische Reich. Nach diesem nationalistischen Rezept gäbe es in Europa Vieles mit Waffengewalt zu korrigieren.
Diesselbe völkische Ideologie verursachte den 2. Weltkrieg. Das liegt erst 75 Jahre zurück. Nichts gelernt.
Was eint Putinversteher noch?
Anti-Amerikanismus, Intoleranz und Feindschaft gegenüber Fremden, Minderheiten und Andersdenkenden. Individuelle Grundrechte zählen nichts, wenn’s um die eigene Macht geht.
Und - wie vor achtzig Jahren - die Oligarchenwirtschaft: Milliardäre stehen an der Spitze und profitieren. Mit viel Geld finanzieren sie die Organisationen und die Verbreitung der rechtsnationalen Ideologien in den Medien.
Viele meinten, aggressiver völkischer Nationalismus sei eine überwundene Strömung des letzten Jahrhunderts. Dem ist nicht so. Die alten Dämonen steigen aus den Gräbern.
31.10.2014