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zu Politik und Recht

Eugen David

Schweiz OSZE


Der Bundesrat setzt in seiner Aussen- und Sicherheitspolitik in Europa primär auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE mit ihren 57 Teilnehmerstaaten.

Das hat mit der isolierten Position der Schweiz ausserhalb der EU und der NATO zu tun. EU und NATO sind die massgebenden wirtschafts- und sicherheitspolitischen multilateralen Akteure in Europa. Die schweizer Regierung will diesen Organisationen nicht beitreten.

Zur OSZE in Wien gehören die europäischen Länder, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, aber auch die USA und Kanada. Erster Vorsitzender war der deutsche Aussenminister Hans-Dietrich Genscher.

Die OSZE ist seit 1.1.1995 die formelle Nachfolgeorganisation der 1975 gegründeten Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE).

Schweizer Diplomatie in der OSZE

Schweizer Diplomaten sind oder waren in der OSZE tätig:

  • CVP-Bundesrat Cotti war 1996 als schweizer Aussenminister Amtierender Vorsitzender der OSZE,
  • Botschafter Tim Guldimann war 2014 als OSZE Sondergesandter im ukrainischen Donbass.
  • FDP-Bundesrat Burkhalter war 2014 als schweizer Aussenminister Amtierender Vorsitzender der OSZE.
  • Botschafter Thomas Greminger war 2017 bis 2020 Generalsekretär der OSZE.
  • • Botschafterin Heidi Grau war ab 2019 bis 2022 Sonderbeauftragte des OSZE-Vorsitzes in der Trilateral Contact Group for the peaceful settlement of the situation in eastern Ukraine (TCG).
    Die OSZE-Kontaktgruppe beendete ihre Tätigkeit nach dem militärischen Überfall Russlands auf die Ukraine am 24.02.2022.

Das EDA sieht in seinen OSZE-Aktivitäten den Ausdruck des hohen Ansehens, das die schweizer Diplomatie innerhalb und ausserhalb der OSZE geniesse.

Der grosse personelle und finanzielle Einsatz des EDA zeige exemplarisch auf, was eine brückenbauende schweizer Aussenpolitik in der Praxis leisten könne.

Das EDA sieht in seinen OSZE-Aktivitäten den Ausdruck des hohen Ansehens, das die schweizer Diplomatie innerhalb und ausserhalb der OSZE geniesse.

Der grosse Einsatz zeigt laut EDA exemplarisch auf, was die brückenbauende Schweizer Aussenpolitik in der Praxis leisten kann.

OSZE nach der Krim-Annexion durch Putin

Spätesten seit der Annexion der Krim durch den russischen Diktator Putin 2014 befindet sich die OSZE in einer Krise, die sich stetig verschärft.

Heute ist die OSZE die Bühne für öffentliche Konfliktrhetorik zwischen Russland und seinen Vasallen auf der einen Seite und westlichen Ländern auf der andern Seite.

Ihr ursprünglicher Zweck Spannungen zwischen den beiden Polen abzubauen, hat sich ins Gegenteil verkehrt. Sie ist Forum für den Aufbau von Spannungen im aggressiven verbalen Austausch.

Auch strukturell ist die OECD wegen der Zerstrittenheit der Mitgliedstaaten in ihrer Handlungsfähigkeit schwer beeinträchtigt. Der Generalsekretär hat kaum Kompetenzen und grosse Mühe von den Mitgliedstaaten das notwendige Geld für den Betrieb der Organisation zu erhalten.

Die Charta von Paris

Grundlagendokument der OSZE ist „Charta von Paris für ein neues Europa“ verfasst gemeinsam vom Westen und den Nachfolgestaaten der zusammengebrochenen Sowjetunion. Auch die Schweiz hat sie 1990 unterzeichnet.

Die Charta beschreibt folgende Vision:

“Nun ist die Zeit gekommen, in der sich die jahrzehntelang gehegten Hoffnungen und Erwartungen unserer Völker erfüllen: unerschütterliches Bekenntnis zu einer auf Menschenrechten und Grundfreiheiten beruhenden Demokratie, Wohlstand durch wirtschaftliche Freiheit und soziale Gerechtigkeit und gleiche Sicherheit für alle unsere Länder.“

Russland, noch unter Gorbatschow, hat diesen Text mitunterzeichnet.

Putins Russland

Unter der Herrschaft Putins ab 2000 hat sich Russland von diesen Vorstellungen weit entfernt. Sein Interesse an der OSZE konzentriert sich auf die Schwächung der Sicherheit des Westens in Europa und die militärische Stärkung Russlands.

Er hat den Wunsch, mit Hilfe der OSZE die NATO aufzulösen. In dieser Zielsetzung hat er nicht wenige Anhänger unter den Rechtsnationalen in Europa, auch in der Schweiz.

Auch unter Linksaussen gibt es in Europa viele Putinversteher, welche keinen Sinn mehr im europäischen Schutzschild der NATO sehen. Sie halten ihn für überflüssig. Als Enklave mitten in der EU profitiert die Schweiz von diesem Schutzschild, ohne dazu etwas beitragen zu müssen.

Menschenrechte, Grundfreiheiten, Demokratie, Wohlstand, soziale Gerechtigkeit liegen nicht im Interessenspektrum des ehemaligen sowjetischen KGB-Agent Putin, weder im eigenen Land, noch international.

Dem Diktator geht es um persönliche und militärische Macht, Reichtum seiner Gefolgsleute und Wiederherstellung des Territoriums der Sowjetunion. All das soll mit Hilfe eines aggressiven Nationalismus nach innen und nach aussen auch in der OSZE umgesetzt werden.

OSZE – Sicherheit ohne Freiheit

Wenn sich Russland von den Grundwerten der Charta von Paris abwendet, verliert die OSZE ihre Existenzgrundlage und Rechtfertigung.

Zweck war es 1990 für West und Ost unter denselben freiheitlichen Errungenschaften eine Gesprächsplattform aufzubauen, um Konflikte in Europa zu vermeiden.

Eine Organisation, welche bereit ist, einer trügerischen Sicherheit gegen Osten die Freiheit in Europa zu opfern, braucht es nicht.

In diese Richtung bewegt sich die OSZE heute. Ihre Reaktion auf den Krieg Putins mit Georgien, seine Annexion der Krim und seinen Krieg im Donbass sind deutliche Zeichen einer solchen Entwicklung.

Im Donbass lautet die Doktrin der OSZE Kriegshandlungen zu beobachten und zu melden, aber keinerlei Verantwortlichkeiten zuzuweisen. Also hinschauen und nichts sagen.

Mit Passivität ändert sich nichts an den kriegerischen Aktivitäten des Aggressors aus Russland. Der Krieg dauert seit sieben Jahren. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Machtpolitik Putins als OSZE Doktrin

Der russische Diktator Putin und seine Gehilfen fordern von der OSZE, wegen der Machtinteressen Russlands müsse die Ukraine auf ihre Souveränität, ihre Sicherheit und ihre Freiheit, dem NATO-Bündnis und der EU beizutreten, verzichten.

Die Ukrainer müssten ihren Wunsch nach einer freiheitlich organisierten Gesellschaft, unabhängig vom Diktat Moskaus, aufgeben. Die Ukraine habe überhaupt keine eigene Existenzberechtigung, das Land gehöre zu Russland.

Nach der Optik dieser Leute sind allein ihre Machtinteressen von Bedeutung, die Sicherheits- und Lebensinteressen der Ukraine sind nichtig.

Mit der Annexion der ukrainischen Krim und des ukrainischen Donbass hat Putin hat ein wichtiges Etappenziel zur Absicherung seiner persönlichen Macht erreicht.

Er wird in Russland als Held gefeiert. Der Westen blieb passiv, was sich rächen wird.

Die persönlichen Interessen Putins und seiner Oligarchen, die in der OSZE reklamiert werden, bestehen darin, einen Maidan in Moskau und den Sturz des herrschenden Regimes in Russland zu verhindern.

Dieses Interesse liegt ausserhalb der Charta von Paris und auch ausserhalb der Interessen der Schweiz.

Position der Schweiz

Im Aufbruch der neunziger Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer war es ein vernünftiger aussenpolitischer Entscheid der schweizer Regierung einen Schwerpunkt in der OSZE zu suchen.

Damit waren damals Hoffnungen auf ein freies und friedliches Europa in West und Ost verbunden.

Heute – nach 20 Jahren Herrschaft Putins in Russland – haben sich diese Hoffnungen verflüchtigt. Eine schweizer Aussenpolitik in Europa, prioritär gestützt auf die OSZE, macht keinen Sinn mehr.

Die Idee, die Schweiz könne in der OSZE als allseits anerkannter diplomatischer Brückenbauer und Vermittler wirken, hat mit der Realität der heutigen OSZE wenig zu tun.

Die unfreundliche Ablösung von Botschafter Greminger 2020 als OSZE-Generalsekretär im Konflikt der Mitgliedstaaten sollte Bundesrat und EDA veranlassen, die OSZE als Hauptpfeiler der Schweizer Aussenpolitik in Europa auf den Prüfstand zu stellen.

09.11.2021

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