Ansichten
zu Politik und Recht
Eugen David
Ein Interview des Bürgerlichen Komitees (BK) mit Eugen David (ED)
BK:
Wieso haben Sie sich entschieden, sich dem Bürgerlichen Komitee für Konzernverantwortung anzuschliessen?
ED:
In der Schweiz befinden sich einige Zentralen weltweit tätiger Konzerne. Wenn die Konzerne mit ihren Aktivitäten irgendwo auf dem Globus schwere Schäden für Menschen oder Umwelt ver-ursachen, kann das der Schweiz nicht gleichgültig sein.
Dass schädigende Aktivitäten, die von der Schweiz aus gesteuert und finanziert werden, durchaus vorkommen, haben die letzten beiden Jahrzehnte gezeigt.
BK:
National- und Ständerat werden sich nicht einig über Konzernregeln. Weshalb ist es so schwierig, eine Mehrheit für einen griffigen Gegenvorschlag zu finden?
ED:
Die Betroffenen und ihre Verbände wehren sich natürlich gegen jede Regulierung. Sie wollen freie Hand. Sie verkennen, dass sie die Schweiz mit ihrem internationalen Tun mitverantwortlich machen und die Schweiz daher das Recht hat, Regeln aufzustellen.
Das Parlament muss primär die Verantwortung für die Schweiz und ihre Bevölkerung wahrnehmen.
Der Schutz der Konzernzentralen vor der Haftung für globales Fehlverhalten gehört nicht zur Aufgabe der Schweizer Politik.
BK:
Wie erklären Sie sich die ablehnende Haltung von Economiesuisse und Swiss Holdings, die mit aller Kraft gegen verbindliche Regeln für Konzerne lobbyieren?
ED:
Beide Organisationen vertreten die Interessen der Konzernzentralen. Eigentlich müssten sie erkennen, dass sich die Konzerne bei schwindender Akzeptanz in der schweizerischen Zivilgesellschaft selbst den Boden unter den Füssen wegziehen.
Gerade in Umweltfragen hat die Sensibilität stark zugenommen. Es wird nicht mehr akzeptiert, wenn in Afrika oder Asien, gesteuert und finanziert aus der Schweiz, Gift in Luft, Boden und Gewässer ausgelagert wird.
Es wird auch nicht mehr akzeptiert, wenn in asiatischen Konzernfabriken Textilarbeiterinnen ums Leben kommen, weil die primitivsten Feuerschutzregeln nicht eingehalten werden.
BK:
Eine Berichterstattungspflicht, wie sie der Ständerat einführen möchte, bezeichnen die Initianten als «Alibi-Übung». Sind Sie mit dieser Aussage einverstanden?
ED:
Es geht nicht um Berichte. Davon gibt es genug. Es geht um die Wahrnehmung der Verantwortung für globale Konzern-Aktivitäten, die von der Schweiz aus gesteuert und finanziert werden.
Die Berichterstattungspflicht ist eine Alibiübung. Damit würde sich die Schweizer Politik vor der Verantwortung drücken.
BK:
Die Gegner warnen, dass Konzerne wie Glencore bei einer Annahme der Initiative wegziehen könnten. Zu Recht?
ED:
Die Schweiz ist ein äusserst attraktiver Standort. Sie ist politisch stabil, steuerlich wettbewerbsfähig, rechtssicher, international vernetzt. Das ist viel wert. Im Gegenzug darf die Schweiz verlangen, dass die hiesigen Konzernzentralen auf dem Planeten anständig wirtschaften und dafür die Verantwortung übernehmen.
16.04.2020