Ansichten
zu Politik und Recht

Eugen David

Interview zur
Konzernverantwortungsinitiative

Roman Hertler, redaktion@saiten.ch (RH): Eugen David (ED), politisch sind sie in den vergangenen Jahren nicht mehr gross in Erscheinung getreten. Warum jetzt das Engagement für die Konzern-Initiative?

ED: Ich engagiere mich als Stimmbürger. Die Initiative ist wichtig für die Schweiz.

RH: Gegner behaupten, die Konzern-Initiative schade vor allem den Schweizer KMU. Stimmt das, oder wäre das gar in Kauf zu nehmen?

ED: Es gibt wohl nicht viele Schweizer KMU, die in Afrika, Asien oder Südamerika Unternehmen betreiben und mit diesen Unternehmen dort für Menschen und Umwelt schwere Schäden verursachen.

Wenn es sie gibt, ist es auch korrekt, wenn die Geschädigten vor einem Schweizer Gericht Schadenersatz verlangen können.

RH: Bundesrätin Karin Keller-Sutter bemüht das Kolonialismus-Argument: Der Eingriff in die Rechtsordnung anderer Staaten sein anmassend. Was sagen Sie zur Haltung des Bundesrats?

ED: Ein Eingriff in die Rechtsordnung anderer Staaten findet nicht statt.

Die Geschädigten können von einem in der Schweiz ansässigen Konzern in der Schweiz Schadenersatz verlangen.

Für solche Schäden, die von einem aus der Schweiz heraus gesteuerten und finanzierten Konzernunternehmen verursacht worden sind.

RH: Warum geht der Gegenvorschlag zu wenig weit?

ED: Der Gegenvorschlag verlangt von den Konzernen keine Einhaltung verbindlicher Sorgfaltspflichten. Verletzen die Konzern-Manager Sorgfaltspflichten, sind sie nicht vor Gericht rechenschaftspflichtig. Der Gegenvorschlag ist ein blosser Papiertiger.

RH: Nehmen die Rohstoffkonzerne und die Finanzwirtschaft ihre Verantwortung ungenügend wahr?

ED: Die Konzerne wollen keine gesetzlich verbindlichen Sorgfaltspflichten. Sie wüssten selbst am besten, wie sie sich gegenüber über Mensch und Umwelt zu verhalten hätten.

Und: sie hielten Sorgfaltspflichten freiwillig ein.

Diese Ansichten kann ich nicht teilen.

RH: Nach der Rettung der UBS durch den Bund haben Sie sich für eine PUK eingesetzt, die dann nicht zustande kam. Ihr Parteikollege Urs Schwaller sagte, die Banken bräuchten halt auch Vertrauen. Hat die globale Wirtschaft grundsätzlich ein Vertrauensproblem?

ED: Die Konzerne steuern und finanzieren aus der Schweiz zahllose Unternehmen auf dem ganzen Globus. Nur wenn bei diesen Geschäften schwere Schäden für Mensch und Umwelt entstehen, müssen die Konzerne haften.

Verursachen sie keine Schäden, müsse sie auch nicht haften. Hier geht es nicht um Vertrauen oder Misstrauen.

Dass die Konzerne auch dann nicht haften wollen, wenn sie Schäden verursachen: das ist das Problem.

Bedenklich ist, dass Bundesrat und Ständerat diese Haltung unterstützt haben.

RH: Müsste die Wirtschaft nicht von sich aus ein Interesse an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit haben? Geht es den kritisierten Konzernen einzig um schnelle Gewinne?

ED: Dass Konzerne Gewinne erzielen wollen, ist klar und nicht verboten. Verboten ist lediglich das Verursachen von Schäden ohne Haftung.

RH: Wird die Wirtschaft bei einem Ja zur Initiative tatsächlich grüner und gerechter?

ED: Die Konzerne werden die gesetzlich verbindlichen Sorgfaltspflichten beachten, wenn sie einmal erlassen sind.

Natürlich entstehen daraus Kosten, zB für den Umweltschutz beim Betreiben einer Mine oder beim Entsorgen giftiger Fabrikabfälle. Oder für den Feuerschutz beim Betreiben einer Fabrik. Oder auch wenn keine Kinder beschäftigt werden können.

Kosten wollen die Konzernmanager grundsätzlich vermeiden. Gibt es aber gesetzliche Sorgfaltspflichten, nehmen sie in der Regel die Kosten in die Kalkulation auf.

Es liegt daher in der Hand und in der Verantwortung der schweizerischen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, ob die hier ansässigen Konzerne bei ihren globalen Geschäften Sorgfaltspflichten für Mensch und Umwelt einhalten oder nicht.

12.10.2020

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