Ansichten
zu Politik und Recht

Eugen David

Schweizer Diplomatie im Dienste Trumps

In den letzten 20 Jahre fand die Schweiz kaum jemals ein positives Interesse bei amerikanischen Administrationen, unabhängig davon, wer US-Präsident war.

2019 hat sich das Blatt gewendet.

Der schweizer Aussenminister FDP-BR Ignazio Cassis und der schweizer Finanzminister SVP-BR Ueli Maurer, Präsident Switzerland, reisen auf Aufforderung der Trump-Administration nach Washington.

US-Aussenminister Pompeo kommt am 31. Mai 2019 nach Bern. Offenbar hat die Schweiz etwas, was Donald Trump und seine Entourage interessiert.

Seit 1980, seit der Vertreibung des Schahs durch Ayatollah Chomeini, ist die Schweiz von den USA beauftragt, die amerikanischen konsularischen Interessen bei der iranischen Regierung wahrzunehmen.

Nuklearabkommen

Am 14. Juli 2015 hatten Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, USA, Russland und China mit dem Iran ein Abkommen abgeschlossen.

Der Iran verpflichtete sich, sein Atomprogramm kontrollieren zu lassen und die Urananreicherung zu begrenzen. Dafür wurden im Gegenzug die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran aufgehoben.

Nach seiner Wahl kündigte Trump – gegen den Willen seiner europäischen Nato-Partner – am 8. Mai 2018 die Beteiligung der USA am Abkommen auf. Gleichzeitig belegte er den Iran mit scharfen Wirtschaftssanktionen.

Ausserdem sandte er einen US-Flugzeugträger, B-52-Bomber und frische US-Soldaten an den Persischen Golf.

Der Iran anerkannte in der Folge die im Abkommen festgelegte Beschränkung auf 300 kg niedrig angereichertes Uran nicht mehr – zum Schaden Europas.

Trump verfolgt in seiner Aussenpolitik eine aggressive Konfliktstrategie, um den alleinigen globalen US-Machtanspruch durchzusetzen. America first.

Die USA geben für ihr Militär mehr aus als die nächsten sieben Länder zusammen, 650 Milliarden Franken pro Jahr. Sie unterhalten über 800 Militärbasen in 80 Staaten.

Trumps Sicherheitsberater, Bolton, ist der Ansicht, das iranische Ayatollah-Regime müsse militärisch entfernt werden. Deswegen lässt er FDP-BR Cassis nach Washington kommen.

Die schweizer Diplomatie soll an der Seitenlinie helfen. 2015 hatte Bolton seine Sicht der Dinge in der New York Times so umschrieben: "To stop Iran’s bomb, bomb Iran." Was hat die Schweiz damit zu schaffen?

Trump hat seinen Wählern versprochen, dass sich Amerika aus dem Nahen Osten zurückziehe. Jetzt steht das Gegenteil auf der Tagesordnung.

Militärische Intervention

Trump scheut indessen vor einer militärischen Intervention im Iran à la Bolton zurück, weil er weiss, dass seine Klientel massiv negativ darauf reagieren würde.

Er hat den Amerikanern Isolationismus versprochen. Er würde mit einem Angriff auf Iran sein Versprechen brechen.

Nach dem Muster seines republikanischen VorgängersGeorge Bush, würde er wieder militärischen Interventionismus machen und das Leben von US-Bürgern aufs Spiel setzen.

Um den auszuweichen versucht er, mit militärischen Drohgebärden und Wirtschaftssanktionen das iranische Ayatollah-Regime in die Knie zu zwingen, aber – jedenfalls vorläufig – nicht mit einer US-Interventionsarmee.

Seine Drohungen und Sanktionen blieben bisher erfolglos, auch weil die EU, China, Russland und Türkei nicht mitmachen wollen.

Und weil die Ayatollahs wissen, dass er – anders als Bush nach 9/11 – keine US-Soldaten einem Landkrieg aussetzen will.

Wie im Falle des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un meint Trump, er persönlich könne den iranischen Diktator, Ayatollah Chamenei, mit seinem Geschwätz und seinen Druckmitteln dazu zwingen, ein Atom-Abkommen nach seinen Wünschen, anstelle des von ihm gekündigten Nuklearabkommens, abzuschliessen.

In Nordkorea ist er kläglich gescheitert. Der Diktator Kim Jong Un ist zwar Trumps neuer Freund, an seiner Atomwaffenpolitik hat sich kein Jota geändert. Im Iran sieht es nicht besser aus. Trump bleibt ein selbstverliebter Schwätzer ohne Substanz.

Seine immer gleiche Taktik den Gegner zuerst mit Zöllen, Wirtschaftssanktionen und/oder militärischen Drohungen einzudecken und ihm dann Verhandlungen anzubieten, in der Meinung, unter US-Druck gesetzt, finde dieser keinen Ausweg, fruchtete bisher nichts.

In Nordkorea nicht, in China nicht, in Mexico nicht, in Kanada nicht, in Japan nicht, in Venezuela nicht, in Europa nicht, in Indien nicht, im Iran nicht.

Rolle der Schweiz

Mit Hilfe der Schweiz soll sich das ändern - im Iran und in Venezuela.

Um den iranischen Führer Chamenei mit seinem unwiderstehlichen Charme persönlich zum Deal zu zwingen, muss Trump mit Chamenei reden können, wenigsten per Telefon.

Seine Aufforderung Anfang Mai an die Ayatollahs, ihn anzurufen („Call me“) blieb bisher ohne Resonanz.

Da die USA nur noch den schweizer Konsularkanal als Gute Dienste für den Iran haben, kommt jetzt die Schweiz ins Spiel.

Der FDP-BR Cassis und SVP-BR Maurer werden nach Washington aufgeboten, der US-Aussenminister Pompeo kommt danach in die Schweiz.

Das Ziel ist jedes Mal dasselbe: über den der schweizer Konsularkanal soll die beiden Bundesräte Trump helfen, auf Chamenei Druck auszuüben, damit dieser mindestens einem Telefonkontakt zustimmt.

Laut Pompeo will Trump dringend mit den iranischen Führern sprechen, um einen Deal auszuhandeln. Mit seiner Kündigung des Nuklearabkommens steckt er in einer Sackgasse.

Eine militärische Konfrontation ist ihm ein Jahr vor den US-Präsidentschaftswahlen zu riskant.

Er braucht wenigstens ein Schaulaufen in Sachen iranische Atomwaffen, wie mit dem nordkoreanischen Diktator und Atomwaffenproduzenten Kim Jong Un. Die schweizer Regierung soll ihm dabei helfen.

Sie setzen auf pragmatische Diplomatie und wirtschaftliche Entwicklung und halten am Nuklearabkommen fest.

Dienstfertigkeit

Anders SVP-BR Ueli Maurer. Er will Trump in dessen verbaler Konfliktstrategie unterstützen.

„Thank you for your invitation to the Withe House“ und „Togethe ahead!“ schreibt er am 16. Mai 2019 Trump ins Gästebuch. Die englische Sprache ist kein Teil seines Pflichtenhefts.

Die SVP/FDP-Regierung lässt sich von Trump in seine Nahost-Konfliktstrategie einspannen. Neutralitätsbedenken haben die beiden Bundesräte keine.

Vielleicht weil der evangelikale Pompeo zu FDP-BR Cassis im Tessin sagt: „Trump tut Gottes Werk“. Pompeo und Bolton, beide wollen den Krieg mit Iran.

Der Bevölkerung wird mitgeteilt, es gehe um Wirtschaftsbeziehungen Schweiz-USA. Der wahre Grund der Reise bleibt im Dunkeln.

Deshalb muss SECO Staatssekretärin Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch aus dem Wirtschaftsdepartement SVP-BR Maurer nach Washington begleiten.

Suggeriert wird, ein Freizügigkeitsabkommen Schweiz-USA sei im Kommen.

Ungeachtet allen aufgebotenen Charmes und Drucks der SVP/FDP-Bundesräte und einem Grosseinsatz der Abteilung Gute Dienste des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) für Trump: der Diktator Chamenei will nicht mit Trump telefonieren. Alle Reisen, Kosten und Mühen waren umsonst.

Die Meinung des Bundesrates, die Schweiz könne als Gegenleistung für ihre Dienstfertigkeit von den USA eine Vorzugsbehandlung erhalten und Trump werde den Weg für ein Freizügigkeitsabkommen freimachen, hat sich erneut als falsch herausgestellt.

Ohne Gegenleistung

Ungeachtet der langjährigen schweizer Dienste im Iran haben die USA 1996 – 2000 die Schweiz im Verfahren um jüdische Vermögenswerte massiv angegriffen und unter Druck gesetzt.

Nachdem der ehemalige UBS-Kundenberater Bradley Birkenfeld 2007 den US-Steuerbehörden mitgeteilt hatte, die UBS leiste Beihilfe zur Steuerhinterziehung, lancierten die Amerikaner einen rücksichtslosen zehnjährigen Steuerstreit mit der Schweiz, der mit der Liquidation des schweizer Bankgeheimnisses endete.

Das schweizer Konsularmandat für die USA bei den totalitären Ayatollas war in allen Fällen belanglos.

Auch nach dem gescheiterten Telefondienst für Trump kann die Schweiz keine US-Gegenleistung erwarten. Ein Freihandelsabkommen Schweiz-USA liegt mit oder ohne Trump im Nebel in weiter Ferne. Bestenfalls kann das EDA den Amerikanern eine Unkostenrechnung schicken.

Die USA haben der Schweiz kürzlich nicht einmal den kleinen Wunsch erfüllt, sie vor den negativen Auswirkungen der US-Stahlzölle gegen die EU zu bewahren.

Eigentlich könnte die Regierung aus der Geschichte lernen und auf eine Unterstützung der Trump'schen Konfliktstrategie verzichten, nachdem er - auch zum Schaden der Schweiz - das Atomabkommen mit Iran willkürlich gekündigt hat.

Neue Aussenpolitik

Die aktuelle SVP/FDP-Regierung geht einen andern Weg. Wenn die SVP/FDP-Leute von der Grossmacht USA nach Washington gerufen werden, sehen sie sich auf der Weltbühne.

Mit Engagement unterstützen sie daher die Trump-Politik, im Iran, in Venezuela, gegen die EU und anderswo.

Das ist die neue Aussenpolitik. Vielleicht steckt dahinter Freude an der rechtsnationalen Ideologie Trumps oder – schlimmer – einfach Naivität.

„Together ahead!“ mit Trump meint im Klartext: Zusammen mit Trump rechtsnational voran!

01.06.2019

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